Werner, Margot: Zur Erinnerung an schönere Zeiten. Bilder aus der versunkenen Welt des jüdischen Sammlers Raoul Korty
Raoul Korty, 1889 geborener Sohn einer jüdischen Bankiersfamilie, war von frühester Jugend an durch seine Sammelleidenschaft geprägt. Korty diente im Ersten Weltkrieg als Offizier, nach Kriegsende widmete er sich vornehmlich dem Aufbau seiner Sammlung. Seinen Lebensunterhalt finanzierte Korty durch die Illustration von Büchern, Zeitungen und Zeitschriften aus dem reichen Fundus seines privaten Bildarchivs.
Nach dem "Anschluss" war Korty gezwungen seine journalistische Tätigkeit aufzugeben. Der Verlust seines Lebensunterhalts und die Trennung von seiner nichtjüdischen Ehefrau führten wohl auch zum Scheitern seiner Emigrationspläne: Korty wurde 1944 in Wien verhaftet und Ende desselben Jahres im KZ Auschwitz ermordet.
In Vorbereitung seiner geplanten Emigration deponierte er einen Großteil seiner Sammlung bei einer Wiener Spedition. Unter tatkräftiger Mitwirkung der Nationalbibliothek wurde die Sammlung 1939 von der Gestapo beschlagnahmt und unentgeltlich in das hauseigene Bildarchiv eingewiesen. Dort lagerte die Sammlung auf Grund des Personalmangels in der Kriegszeit unangetastet und original verpackt bis 1945. Nach Kriegsende brachte Kortys überlebende Tochter einen Antrag auf Rückstellung der Fotosammlung ein. Die Nationalbibliothek war zwar grundsätzlich zur Rückgabe entsprechend den damaligen gesetzlichen Bestimmungen bereit, verweigerte jedoch der in beengten Wohnverhältnissen lebenden Tochter eine finanzielle Ablöse. Die Verhandlungen zogen sich Jahrzehnte in die Länge - wobei seitens der Österreichischen Nationalbibliothek immer wieder mit Ersitzungs-fristen spekuliert wurde - bis die Korrespondenz schließlich 1980 aus ungeklärten Gründen endete.
Erst 2003, im Zuge der entsprechend den Bestimmungen des 1998 erlassenen Kunstrück-gabegesetzes von der Österreichischen Nationalbibliothek angestrengten Provenienzforschung kam die mittlerweile fast in Vergessenheit geratene Sammlung wieder zum Vorschein. Auf Grund einer von der Österreichischen Nationalbibliothek vorgelegten umfassenden Sachverhaltsdarstellung stimmte das BM:BWK einer Restitution an die Erbin zu.
Auf Wunsch der hoch betagten Tochter des verfolgten Sammlers wurde das Konvolut von einem externen Sachverständigen bewertet und nach dessen Restitution im Jahr 2005 von der Österreichischen Nationalbibliothek angekauft.
Im Frühjahr 2007 wurde die nunmehr seit fast 70 Jahren in den Magazinen lagernde Sammlung wissenschaftlich aufgearbeitet. Dabei wurde nach dem Provenienzprinzip vorgegangen, die übernommene, weitgehend vom Sammler selbst geschaffene Ordnung wurde beibehalten.